Kurz vor der Eröffnung 1997 als "Boardinghouse Alexander"


das "alexxanders" 2016 , noch vor dem großen Umbau


das "alexxanders" erstrahlt 2018 in neuen Farben

(Ein)Blick zurück II: In gastronomischer Tradition


Als unser Haus im Jahre 1997 seine Eröffnung feierte, da prangte auf dem Firmenschild über dem Eingang noch ein etwas anderer Name: „Boardinghouse Alexander“ las der Hinein- oder Vorbeigehende. Denn wie bereits im Eintrag „Der Geist von Ludwig Kirsch“ angemerkt, hatte es zu Ehren des Chemnitzer Pfarrers 1951 eine Straßenumbenennung gegeben. Die Ludwig-Kirsch-Straße hatte bis dato Alexanderstraße geheißen. Namensgeber war der russische Zar Alexander I., welcher im denkwürdigen Jahr  1813 während der Befreiungskriege, die ultimativ in der Völkerschlacht bei Leipzig gipfelten, in Chemnitz geweilt hatte.

Chemnitz 1910 in: Stadtplan von Chemnitz (Brockhaus, 1910)

(Klicken zum Vergößern)

Dies wiederum führte dazu, dass wir unserem Haus eben jenen Namen gaben.  Erst später, mit dem Aufschwung der Gastronomie in der Stadt und der Eröffnung des „Alex“ am Marktplatz, kam es zu unserem typographischen Erkennungsmerkmal, den gekreuzten Doppel-X sowie der Kleinschreibung des ersten Buchstabens und dem angehängten „s“.

Im Zuge unseres Umbaus 2016/17 haben wir in unserem Bildarchiv geblättert und ein paar schöne Aufnahmen aus dem Jahre 1997 gefunden. Beim Durchsehen der Fotos kamen bei einigen Mitarbeiter*innen viele schöne Erinnerungen auf, man diskutierte und wägte ab, wann dies und das gleich nochmal verändert worden war, wer wann wie eingestellt wurde und welche Mitarbeiter*innen tatsächlich schon seit Anbeginn dabei waren.

Doch Vieles, was dieses Haus erlebt hat, ist nicht Teil der „alexxanders“-Geschichte und lässt sich nur schwer zurückverfolgen, belegen oder rekonstruieren.

Alles, was wir wissen, ist dies:

Das Baujahr des Gebäudes wir um 1900 datiert. Die AG Sonnenberg notiert zu diesem Jahr in Ihrer Chronik u. a. folgende Ereignisse:

  • Chemnitz hat ca. 200.000 Einwohner
  • nördlicher Sonnenberg wird Baugebiet
  • im November wird bei Ausschachtungsarbeiten zur Verlegung von Telefonkabeln an der Glocken-, Ecke Uhlandstraße, ein großer versteinerter Baumstamm geborgen (5,25m Umfang und 7,5m Höhe)

Der Sonnenberg-Fund: Heute der größte und dickste Stamm des „Versteinerten Waldes”
im Foyer des Kulturkaufhauses „DAStietz”. (Bild: AG Sonnenberg)

Durch digitalisierte Adressbücher von 1900 bis 1944, welche die SLUB Dresden freundlicherweise online zur Verfügung stellt, ließ sich zudem rekonstruieren, dass unser Gebäude stets die Hausnummer 9 trug. Und siehe da: bereits 1900 fühlten sich hier Gastronome Zuhause. Zum einen Louis Gese, welcher eine Brauerei in Bernsdorf besaß. Zum anderen ein Schankwirt namens Seifert. Und auch noch etliche Jahrzehnte später, nämlich im Jahre 1943, kann man lesen: Herdegen, U., Schankwirt. Zufall oder Schicksal? Wer weiß. Fakt ist jedoch: Hier schlug bereits viele Jahre vor unserer Zeit das ein oder andere gastronomische Herz. Ein schönes Gefühl und ein stilles Vermächtnis, das diese Wände tragen.

Teilausschnitte der Digitalisate der Adressbücher von 1900 (links) und 1943/44 (rechts)
aus der Sächsischen Landes- und Universitätsbibliothek Dresden

Zu DDR-Zeiten dann, so sagte uns manch älterer Gast, der sich noch gut daran erinnern kann, muss es hier außerdem eine Kegel- oder Bowlingbahn gegeben haben. Dies würde zumindest den langgestreckten, schlauchartigen Raum erklären, welcher bis zum Umbau 2016 den Bereich Hoteleingang bis Frühstücks- bzw. Seminarraum bildete.

Tagungsraum mit Blick auf die Hotellobby, Weihnachten 2016

Ab 1997 übernahm dann Roland Keilholz das Gebäude. Was folgte, war die erste Gesamtrenovierung und die Eröffnung als „Boardinghouse Alexander“. Weitere Teilrenovierungen wurden 2006 und 2009 unternommen, unter anderem in Restaurant und separatem Frühstücksraum.

Der Gastraum 2006 nach Neuanstrich – so kennen es noch viele unserer alten Stammkunden.

Die neu gestalteten Veranstaltungs- und Frühstücksräume 2009.

Danach behielt das „alexxanders“ bis 2016 seine alten Formen mehr oder weniger bei und auch wenn das Personal hin und wieder wechselte, die gastgeberische Tradition, die herzliche Freundlichkeit und Aufmerksamkeit blieb erhalten.

Peter Härtling, 1933 in Chemnitz geborener Autor solch architekturversonnener Titel wie „Ich bau dir ein Zimmer“ oder „An ein Haus in der Bretagne“, schrieb in einem seiner Gedichte:

Ich frage mich,
was ich aufheben soll.
Viel habe ich zusammengetragen
in den letzten Jahren:
für wen könnte es nützlich sein?
Wer hätte Spaß daran?

Was wir an Informationen und Erinnerungen zusammengetragen haben, hat vielleicht keinen direkten Nutzen. Jedoch hatten wir und hoffentlich auch Sie, viel Spaß daran, den Werdegang des Hauses Nummer 9 auf der Ludwig-Kirsch-Straße in Chemnitz, Stadtteil Sonnenberg, nachzuvollziehen.

Viel haben sie erfahren, diese Mauern. Viele Leben – gestern, heute, morgen. Was irgendwann einmal nach uns kommt, kann niemand sagen. Hoffen dürfen wir jedoch, dass die gastronomische Tradition dieses Hauses sich auch in Zukunft fortsetzen wird.

 

Ihre andersgastgeber

 

Quellen/weiterführende Links:

http://www.altes-chemnitz.de/chemnitz/strassennamen.htm

http://www.ag-sonnenberg-geschichte-in-chemnitz.de/Chronik/Zeittafel%20sonnenberg.pdf

http://www.ag-sonnenberg-geschichte-in-chemnitz.de/Wissenswertes/versteinerter_Wald.htm

http://digital.slub-dresden.de/werkansicht/dlf/80614/1/ (Chemnitzer Adressbücher 1900-1944)

Peter Härtling: An meine Feinde, in: Sätze von LiebeAusgewählte Gedichte, 2008.