FOTO: Andreas Seidel, Freie Presse

Persönlichkeit


Symbol der Industrialisierung, Gründerzeithäuser, kreativ und international. Ehemals Arbeiterviertel, Häuserleerstand, sozialer Brennpunkt.

Der Sonnenberg. Ein Stadtteil mit Persönlichkeit. Nicht simpel, sondern komplex. Ein Kaleidoskop von Eindrücken: viele bunte Glassteine, welche man drehen und wenden kann, ja sogar muss, damit man neue Spiegelungen und vielfarbige Lichtmuster erhält, denen man mit Interesse, ja mit Staunen und Bewunderung begegnen kann.

„Problemviertel Sonnenberg - Warum ein Unternehmer bleibt“, titelt die Freie Presse in Ihrem Artikel zu unserer Neueröffnung. Ein Plädoyer für den Sonnenberg. Denn seit 1997 befindet sich unser Hotel und Restaurant hier auf der Ludwig- Kirsch-Straße. „Ungewöhnlich!“, staunen die einen, „Verrückt…“, murmeln die anderen, doch Kenner der Chemnitzer Historie wissen: Wir befinden uns in bester Gesellschaft und Tradition, denn der Geschichte der Namensgebung unseres Stadtviertels liegt eine gastronomische Erfolgsgeschichte zugrunde.

Erst relativ spät, nämlich 1843, fand der Name „Sonnenberg“ in Chemnitzer Stadtkarten Erwähnung. Es liegt jedoch nahe, dass er bereits deutlich länger im Volksmund gebräuchlich gewesen sein muss. 1713 nämlich kaufte der damalige Chemnitzer Bürgermeister Daniel Wagner das „Jehnische Vorwerck“, ein Gehöft (heutige Lage etwa auf Höhe des Dresdner Platz) an der stark frequentierten und damit ausgesprochen lukrativen „Haupt Straße nach Freiberg“, um dort ein Gasthaus zu eröffnen. Die ungeschützte Lage weit außerhalb der Stadtmauern machte dies jedoch zu einem mutigen Unterfangen. Zudem besagte die damalige Politik, dass die Stadt nur einigen wenigen Bürgern das Bewirtungsrecht einräumen durfte. Wagners Antrag und damit das gefürchtete Wachstum der Konkurrenz, löste bei den restlichen Schankwirten Unmut aus, jedoch wurde dieser womöglich ein wenig durch Respekt vor dem Amt des Bürgermeisters und dessen Einfluss gedämpft.

Zumal der engagierte Geschäftsmann und Politiker seine Idee überzeugend zu begründen wusste. "Von Wiesa bis Reichenbrand kein Gasthof, der zum Ausruhen und zum Labsal einlädt", argumentierte er. Und dies entsprach in der Tat der Wahrheit: Nur zwei weitere Gastwirte hatten sich so weit vor die Stadt hinausgewagt und Wagner kam somit der großen Nachfrage mit einem entsprechenden Angebot nach. Dies überzeugte letztlich auch die Stadt, die ihm das Schankrecht unter der Bedingung einräumte, dass er gelobte, keine Gäste von anderen Gasthöfen abzuwerben und seine Gaststätte zu schließen, sollte die Stadt selbst in der Nähe eine Wirtschaft eröffnen wollen.

Neben der Schankerlaubnis für Bier, erhielt Wagner zudem das Recht, ein Wappen an seinem Gebäude aufzuhängen. So kam es, dass der kluge Wirt die „Goldene Sonne“, deren Name vermutlich als Pendant zum im Westen der Stadt befindlichen „Goldenen Stern“ gewählt wurde, schließlich nicht nur sprichwörtlich „aufgehen lassen“ durfte. Sein Wappen sollte später zum Erkennungszeichen des sich rasch großer Beliebtheit erfreuenden Gasthauses werden und so einem ganzen Stadtteil zu seinem Namen verhelfen. Manchmal, so schließen wir daraus, braucht es eben einen standhaften Wirt mit Standorthaftung.